Trolle, Tiere, Taugenichtse
Das norwegische Pendant der Gebrüder Grimm, Peter Christen Asbjørnsen und Jørgen Moe, hat einen volkstümlich gewitzten, handfest humorigen und bis heute in ganz Skandinavien enorm populären Märchenschatz hinterlassen, der wesentlich näher an der tatsächlichen Erzählung geblieben ist als die doch teils kunsthandwerklich aufgepeppten Grimmschen Märchen.
Der vorliegende, mit Liebe und Sachverstand gestaltete Band versammelt eine Auswahl an „Märchen, die eines gemeinsam haben: Sie haben die Fantasie (von) Theodor Kittelsen (entzündet)“. Dieser Illustrator und Autor hat wie kein anderer die norwegische Märchenwelt verinnerlicht – und veräußerlicht: „Seit Kittelsen seine Trolle malte, so heißt es, wüsste man erst, wie ein norwegischer Troll ‘eigentlich aussieht’.“
Auf über 200 großformatigen Seiten werden Märchen für die ganz Kleinen, Zaubermärchen für die Größeren und einige Texte für Erwachsene, diese aus der Feder Kittelsens, präsentiert. Die Bilder dazu sind wahrhafte Illuminationen – voller Eigenleben sind sie wie ein Leuchten, das hinter dem Text steht, dessen Glanz aufnimmt und verstärkt und widerspiegelt und dabei seine ganz eigene Sprache findet. Prächtig.
Der einzige kleine Wermutstropfen: Als Titelblatt wurde so ziemlich die einzige Illustration Kittelsens gewählt, die unter die Kategorie „lieblich, nett, prinzessinnenhaft“ fällt. Das Bild ist auch schön, aber allzu konventionell märchenhaft im Grimmschen bzw. kindhaften Sinne, um als repräsentativ für die hemdsärmelige, norwegische, von Trollen, Tieren und Taugenichtsen bevölkerte Märchenwelt gelten zu können. Ansonsten ein überaus gelungenes Werk – zum Lesen, Vorlesen, Bestaunen und Sammeln gleichermaßen geeignet.
Trolle, Tiere, Taugenichtse. Theodor Kittelsens nordische Märchenwelt. Urachhaus, Stuttgart 2009. Geb., reich illustriert, 208 S.