Falafel, Schnitzel, Strudl & Co.
Wem zu „jüdischer Küche“ nur Gefilte Fisch, geschmackloses Fladenbrot und seltsame Essgewohnheiten einfallen, hat den wesentlichen Punkt komplett verpasst: Juden gab und gibt es in fast allen Weltregionen. Ein jüdisches Kochbuch ist deshalb notwendigerweise ein „Welt-Kochbuch“, in dem sich internationale, als typisch jüdisch assoziierte Kulinarien-Hits wie das Bagel oder die geschmorte Rinderbrust (Brisket) ebenso finden wie eine reiche Auswahl nahöstlicher Spezialitäten, die es zum Global Food gebracht haben (Falafel, Hummus, Pita-Brot), und, je nach Perspektive, mehr oder minder Exotisches von Baba Ganoush und Käsekuchen (Topfenkuchen) bis zur ungarischen Sauerkirschsuppe (Weichselsuppe) und dem Wiener Schnitzel (natürlich vom Kalb bzw. heutzutage das beliebteste Fast-Food in Israel – von der Pute). Indien, Peru, Nordafrika, Nord-, West-, Ost- und Südeuropa, der Nahe Osten, Russland … wo immer Juden hingelangten, adaptierten sie das vorhandene Speisenangebot an die Kaschrut, die komplizierten Speisegesetze, und machten etwas Eigenes daraus.
Jüdische Küche von Marlena Spieler ist, wie nahezu jedes Kochbuch, gut gemacht, reich illustriert, schön fotografiert; es bietet darüber hinaus einige kulturell bedingt unerlässliche Informationen, die recht knapp gehalten, aber prägnant zusammenfassend ausgefallen sind und für mich viel Neues enthielten. Das wirklich Besondere ist aber die Vielfalt: ob mild bis knapp über der Wahrnehmungsgrenze oder tränentreibend scharf, ob exotisch mit Früchten, Nüssen und ungewohnten Gewürzmischungen (marokkanisch) gekocht oder rustikal-billig zum Borschtsch verarbeitet, ob so traditionell wie der Erdäpfelpuffer, New-York-fancy wie der Lox oder verführerisch wie Rugelach – es ist wirklich keine kulinarische Vorliebe denkbar, die hier nicht mehrfach bedient wird.
Konkret getestet habe ich Falafel, sehr zur Freude meiner halbvegetarischen Tochter, und Baba Ganoush; das Ergebnis war überzeugend. Als nächstes vielleicht Ingwer-Fischbällchen in Tomaten-Zitronen-Soße? Oder doch lieber ein galiläischer Salat? Wassermelone mit Feta? Ein Kugel?
Sicher ist: So bald wird einem mit diesen Rezepten nicht fad. Und koscher oder nicht braucht wohl die große Mehrheit hierzulande nicht zu kümmern. Ich lasse mir jedenfalls ein paar Speckwürfel in den Erdäpfelpuffern nicht nehmen und werde sie weiterhin in Butterschmalz herausbacken. Das ist doppelt unkoscher, aber es schmeckt …
Marlena Spieler: Jüdische Küche. Koscher und traditionell kochen. tosa-Verlag, Fränkisch-Crumbach 2011. Geb., 224 S., Großformat 28,6 × 22,2 cm, ca. 350 Farbabbildungen, Register. EUR 12,95
Und wer nicht selber kochen möchte geht in ein jüdisches Restaurant und genießt dort koschere Speisen. Wir haben dazu für Wien ein paar Adressen zusammengetragen, die wir empfehlen können.
Liebe Grüße aus Wien,
das Team der Schick-Seitenblicke
Schick Hotels
19 Jul 12 at 13:43 edit_comment_link(__('Bearbeiten', 'sandbox'), ' ', ''); ?>