Bilder einer düsteren Ausstellung
Erledigt. Dass dieses Wort am besten mein Empfinden nach dem Lesen von Band 2 von Cronins Trilogie beschreibt, sagt schon sehr viel. Cronin machte es der Leserschaft nie leicht, aber was in Teil 1 komplex wirkte, erweckt hier den Eindruck von Sperrigkeit; was Teil 1 an gesellschaftskritischem Subtext zu bieten hatte, weicht hier großteils einer rein fiktiven Zustandsbeschreibung, die kaum über ihren Tellerrand zu blicken versteht. Die Figuren bleiben vage, die Zusammenhänge sind schwer fassbar – man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Autor sich in seiner Schreibe zuallererst nach den aktuellsten Empfehlungen für zeitgeistiges creative writing richtet. Wichtigstes Merkmal: Bloß keinen widerstandsfreien Erzählfluss zulassen. Nun mag ein langer, ruhiger Fluss die Gefahr von Eintönigkeit und Langeweile in sich bergen, das mitunter willkürlich anmutende Einstreuen von Brüchen, Hindernissen und Ablenkungen verhindert indes recht zuverlässig das Entstehen einer echten Sogwirkung. So hantelt man sich von einer interessanten Szene zur nächsten, das größere Bild will sich aber nicht einstellen und Spannung kommt so gut wie gar nicht auf – sieht man vom eigentlichen Showdown auf den letzten 50 Seiten ab.
Einzelschicksale vermögen immer wieder zu fesseln, doch kein Licht ohne Schatten: Manch Nebenhandlungsstrang wird einfach gekappt und bleibt letztlich für das große Ganze ohne Belang. Das Buch atmet Düsterkeit, und eine lose Folge dunkler Blüten kann durchaus eine gewisse Faszination ausüben. Allerdings mag die Frage erlaubt sein, warum man, wenn dies die Handlungsmaxime des Autors gewesen sein soll, als Medium nicht besser eine Ausstellung gewählt hat als einen Roman.
Justin Cronin: Die Zwölf. Goldmann, München 2012. Geb., 832 S., € 23,65 (A)
Kindle-Edition (E-Book) € 18,99