Verbrechen und Zen: James Spader
Im FreeTV noch vor dem Ende der ersten US-Staffel: The Blacklist
Höher, schneller, weiter, lauter, greller – ob Leben, Sport oder Film- und Fernsehunterhaltung, nichts scheint mehr vor dem Beschleunigungsvirus, der Exaltierungsseuche, der Maximierungssucht sicher. Und genau in diesem Moment taucht Raymond Reddington (James Spader) auf und legt einen programmatischen Auftritt hin: präzise getimt und absolut unaufgeregt.
Red, der Ex-US-Geheimdienstler, der zum Superverbrecher wurde, steht ganz oben auf der Top-wanted-Liste des FBI. Nachdem er, ganz kontrollierende Präsenz und die Ruhe selbst, ins Hauptquartier des Bureaus spaziert ist und die vorschriftsmäßige Ich-ergebe-mich-Haltung eingenommen hat, umgibt ihn in Sekunden eine Horde von Bundesbeamten mit gezückten Waffen. Es sieht aus, als würden übernervöse Hornissen einen Zenmeister bei der Meditationsarbeit stören.
Im Flow
Reddington weiß immer, was er tut und wann er es zu tun hat, weshalb es nie einen Grund für ungebührliche Hast gibt. Vielleicht ist sein Geheimnis, dass er alles mit derselben Aufmerksamkeit bedenkt, egal ob ein Espresso zu schlürfen oder eine Kugel im Kopf eines Gegners zu versenken ist. Es ist also absolut kein Zufall, dass er sich den ersten Arbeitstag von Elizabeth Keene (Megan Boone) für seine Scheinkapitulation ausgesucht hat – wenn es auch zu den tiefsten Seriengeheimnissen zählt, was sein bedingungsloses Interesse für die junge Agentin begründet.
Mit ihr und nur mit ihr handelt er seinen Deal aus: Er führt eine Blacklist von Verbrechern, die zwei Dinge gemeinsam haben – sie gehören zu den Besten, also Schlimmsten, ihrer Zunft und das FBI hat noch nie von ihnen gehört. Reddington ist gewillt, seine Informationen mit dem Bureau zu teilen – bzw. mit Elizabeth. Ihre Kooperation ist ihm Gegenleistung genug – oder so scheint es.
Was The Blacklist von der Legion anderer Agenten-jagen-Verbrecher-Ware hervorhebt, ist vor allem eins: der großartige James Spader. Wie er, eins mit sich und der Welt, das Leben durchgleitet, ist nichts weniger als unbedingt sehenswert. Da die Serienmacher ihre Hausaufgaben, was insbesondere die Inszenierung der Action und das Script sowie mit Abstrichen die weiteren Besetzungen betrifft, im Rahmen des Erwartbaren erledigt haben, darf man der deutschsprachigen FreeTV-Premiere der Serie am 21. bzw. 22. Jänner (RTL, ORF) durchaus vorfreudig entgegenblicken.