Die Flucht und der lange Weg zurück
Die Franco-Diktatur als Hintergrund eines Flüchtlings- und Familiendramas: großes Kino zum Blättern.
Spanien 1938: Tausende (Katalanen) sind gezwungen, der Unterdrückung durch das Franco-Regime zu entfliehen. Das einzige Ziel ist Frankreich, das sich als menschenverachtend schlechter Gastgeber präsentiert. Familien werden zerrissen, die Flüchtigen in Zeltslums sich selbst überlassen, zum sinn- und perspektivenlosen Vegetieren in Kälte und Hunger verurteilt. Dann marschiert Hitler ein, auf die Männer wartet das KZ.
Das berührende, historisierende Familiendrama erzählt diese Geschichte in Rückblenden, unaufgeregt und einprägsam. In der stets präsenten Verbindung zur Gegenwart wird deutlich, wie tief die Spuren der mehr als 30 Jahre zurückliegenden Vergangenheit eingegraben sind, wie die Ereignisse von damals in den persönlichen Geschichten ihren Widerhall finden. Erst Francos Tod führt die Familie wieder zusammen und öffnet den Weg zurück zu den eigenen Wurzeln und damit zu sich selbst.
Idee und Illustrationen zu diesem Buch stammen von Torrents, 1976 in Barcelona geboren, der damit seine eigene Familiengeschichte verarbeiten wollte. Er zeichnet verantwortlich: strikt im Dienst des Erzählflusses, reduziert, ausdrucksvoll, präzise. Das sorgt für perfekte Balance von (katalanischem Original-)„Ton“ und Bild in einem grafischen Roman, der diesem Medium ein weiteres Juwel hinzufügt mit dem dank großer emotionaler Tiefe und dem völligen Fehlen von Comic-Stereotypen hohen Potenzial, neue (weibliche) Leserkreise zu erschließen.
Eduard Torrents / Denis Lapière, „Der Treck“. € 24,70 / 136 S. Jacoby & Stuart, Berlin 2016