Informiert, formatiert, konstruiert
Überaus fakten- und detailreiche Spionagethriller-Konstruktion, für die es nicht zu einer spannenden Story reicht
Wer’s mag: David Ignatius ist Journalist für renommierte US-Printmedien mit dem Spezialgebiet Geheimdienste. Er ist ein ausgewiesener Auskenner. Und diese seine Stärke – Fakten, Namen, Informationen – ist leider genau die große Schwäche dieses „Thrillers“: Er ist gerade das nicht – thrilling.
Dabei könnte die fiktive? historische Grundlage kaum umwälzender sein: Die CIA ist ein Ableger des britischen Geheimdiensts und das United Kingdom mithin der eigentliche Drahtzieher hinter den US-Kulissen – 250 Jahre, nachdem man die Briten samt ihren Teesäcken hinausgeschmissen hatte.
Ignatius strickt darum einen ausgeklügelten Plan, im Zuge dessen eine Cyberattacke ins Herz des globalen Finanzwesens erfolgen soll und in dem, wie in Spionagethrillern so üblich, alle mit ihren jeweiligen Schnipseln der Realität ausgestattet der Story hinter der Story hinterherjagen. Das wirkt alles ungemein realistisch, ist aber einfach schlecht erzählt – viel zu viele (technische) Details lenken von der Story ab und verhindern das Aufkommen eines echten Lesesogs. Ignatius müht sich um plastische Schilderung und greifbare Figurenzeichnung, aber das Verb „müht“ sagt ja schon alles.
Aber, wie einleitend gesagt: Wer’s mag. Wenn ein Kritiker damit zitiert wird, das Buch sei das Beste aus dem Genre seit John Le Carré, darf das getrost als Warnung und Empfehlung verstanden werden.
David Ignatius: „Ein neuer Feind“. € 10,30 / 528 S. Tb., Rowohlt 2016