Lesen Sie das nicht …
… wenn Sie verhindern wollen, nach solider Thrillerkost mit einem Ende abgespeist zu werden, das eine Beleidigung für die Intelligenz der Leser ist.
Joanna fühlt sich überfallen, als ein ihr völlig fremder Mann in ihrem Haus steht; der ist von ihrer Reaktion nicht minder überrascht, ist es doch Erik, Joannas Verlobter. Zumindest war er das am Morgen noch; jetzt kennt Joanna ihn nicht und nichts im Haus deutet mehr auf einen gemeinsamen Haushalt hin.
Nun ja; es verlangt schon einiges an Mystery-Dehnbarkeit, um dieser Ausgangslage genug Glaubwürdigkeit abzuringen, um sich auf den aus wechselnder Ich-Perspektive erzählten Text einzulassen. Aber da es sich um eine Gemeinschaftsarbeit von Ursula Poznanski und Arno Strobel handelt, zwei der aktuell höchstgehandelten deutschsprachigen Thrillerautoren, verlässt man sich darauf, dass es eine überwältigend raffinierte Erklärung für das unwahrscheinliche Rätsel geben wird, gerade weil es so unwahrscheinlich ist. Und taucht in die handwerklich solide ausgeführte, den Spannungsbogen wacker aufbauende Story ein. Fesselnd, durchaus.
Und dann ist das Buch zu Ende und man ärgert sich, weil es genau das ist, was ein empörter Rezensent auf amazon geschrieben hat: eine Beleidigung für die Intelligenz der Leser. In Zeiten von Cybertechnologie, Machine-Brain-Interfaces und dergleichen mehr eine Lösung anzubieten, die nicht einmal die Fans von Bezaubernde Jeannie überzeugt hätte, ist im Grunde eine Frechheit, mit der sich das vermeintliche Dreamteam Poznanski/Strobel regelrecht in Misskredit bringt. Die Story hat sich anscheinend ein Verlags-Marketingmanager ausgedacht mithilfe einer Thriller-App, weil er nie etwas anderes im Sinn hatte als die Verkaufszahlen von Poznanski mit jenen von Strobel zu multiplizieren und den Starduo-Faktor zu kalkulieren. So leid es mir tut: reine Zeitverschwendung.
Ursula Poznanski / Arno Strobel: „Fremd“. € 17,50 / 394 S. Wunderlich-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015