Der Zweck der Macht
70 Jahre Verlag Freies Geistesleben: schöner Anlass für eine Taschenbuch-Neuausgabe besonderer Titel, darunter zur Freude des Agenda-Lesen-Rezensenten herausragende Jugendliteratur, etwa R. Bennetts Adlerjunge (ab 12) und I. Lawrence’ Die Tochter des Leuchtturmwärters (ab 14). Vordringlichste Erwähnung verdient aber Im Schatten der Wächter, das beklemmende Psychogramm von Elliots Versuch eines Neuanfangs an einer neuen Schule. Elliot hatte brutalstes, gewalttätiges Mobbing erdulden müssen und weiß: ein falsches Wort, einmal zu sehr mit Opferblick, einmal zu smart im Unterricht und alles wird von vorne beginnen. Doch auch sich völlig unsichtbar zu machen ist keine Lösung – man muss „auf die richtige Weise auffallen“. Elliot erfindet sich gleich mehrfach neu (OT Inventing Elliot ) … so gut, dass das Ergebnis seine kühnsten Träume übertrifft – bald aber auch seine schlimmsten Albträume.
George Orwells 1984 stand Pate: „Der Zweck der Macht ist die Macht“. Doch auch das: „Er gehorcht seinem wahren Glauben und riskiert alles. Und damit befreit er sich selbst …“ Prädikat: Klassenlesetext.
Graham Gardner, „Im Schatten der Wächter“. € 10,30 / 222 S. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2017