Opa Hucke’s Mitmachkabinett
Eine wunderbare Gelegenheit, auf kindlich-nostalgische Entdeckungsreise zu gehen, bietet dieses neu aufgelegte Werk des altgedienten, stets gut aufgelegten gesellschaftskritischen Grafikers und Zeichners F. K. Waechter (gest. 2005). Der einleitende 1-Seiten-Comic legt das Konzept fest: „In einem Buch darf nicht gemalt, geklebt, geschrieben, gefaltet und geschnitten werden“, erklärt der strenge Herr Kneisel dem gutmütigen Opa Hucke. Doch genau darum geht’s: Die Kinder sollen hineinschreiben, Geschichten fertig erzählen, Zeichnungen ausschmücken, Farbenfrohsinn verbreiten, ja sogar Löcher reinbohren und dekorative Fettflecken reinschmieren.
Das hat 1976 Spaß gemacht und tut es heut nicht minder. Das anarchische, naive, überbordende, verwirrende, liebevolle Sammelsurium aus Kreativität anreizenden Schnrpln jeder Art ist eindeutig den 70ern entsprungen, was die etwa 5- bis 8-Jährigen von heute mit Sicherheit überhaupt nicht stört, für ihre Eltern aber einigen nostalgischen Reiz birgt und die eine oder andere Gelegenheit, sich mit dem Nachwuchs auf spielerische Art mit dem Lauf der Welt auseinanderzusetzen.
Friedrich Karl Waechter: Opa Hucke’s Mitmachkabinett. Diogenes, Zürich 2010. Geb., 130 S.
P.S.: Es konnte natürlich nicht ausbleiben, dass Waechters kreativ-anarchische Idee Nachahmer findet: KeinBuch. 86 Dinge, die du schon immer mit einem Buch tun wolltest, aber nie durftest oder, mehr mit dem Terminator-Ansatz, Mach dieses Buch fertig folgen auf Waechters Spuren, allerdings ohne dessen Charme und spielerische Rebellion. Der Gedanke, Verbotenes mit einem Buch zu tun, sich quasi endlich an den verfluchten Dingern zu rächen, scheint unverändert für viele ungemein reizvoll zu sein. Es gibt auch noch eine weitere, insgesamt konstruktivere Anregung am Buchmarkt, was mit den bedruckten Seiten nach dem Lesen noch so geschehen könnte: Neues aus alten Büchern: 35 Projekte für spielerisches Recycling. Ich kenne das Werk nicht, als bibliophiler Mensch ist mir die Vorstellung, Büchern eine Art „zweites Leben“ zu verschaffen, aber weit näher als jene, sich eigens eins anzuschaffen, um es dann systematisch zu vernichten.