Verborgene Wunder
Dass man Bücher nicht nach ihrem Cover beurteilen sollte, ist hinlänglich bekannt, aber zu diesem Anlassfall muss diese banale Weisheit aus der Mottenkiste geholt werden – zumal sie fortwährend missachtet wird, im Besonderen von der Zielgruppe „Jugendlich“. „Meine“ Schulbibliothekarin erlebt es tagtäglich: Ruft das Buchkleid nicht laut genug „Nimm mich heraus“, bleiben die Bücher unberührt, die Seiten ungelesen, die Wunder zwischen den Buchdeckeln verborgen. Mehr als schade im Fall des magisch-poetischen, abenteuerlichen Geschehens, das Laila zuerst in ein Krankenhaus, dann in die Verzweiflung ob ihrer Diagnose und zuletzt in die entlegensten Tiefen des Amazonas-Dschungels führt. Mit El Rato, ihrem neuen allerbesten Freund, immer an ihrer Seite. Auch verwunderlich, hebt sich doch der Buchkern grafisch auf das Frischeste vom Üblichen ab: Typografie wird Illustration und trägt Inhalt.
Lasst euch nicht täuschen: Hinter dem allzu kindlichen Einband wartet fesselnde, tiefgründige Unterhaltung mit Anspruch, gekonnt erzählt aus wechselnden Ich-Perspektiven und elegant zu einem Bogen gefügt.
Davide Morosinotto, „Der Ruf des Schamanen. Unsere abenteuerliche Reise in das Herz der Dunkelheit.“ € 18,50 / 430 S. Thienemann, Stuttgart 2021