Duden Grammatik
Auch der „Aufbau der deutschen Gegenwartssprache vom Laut über das Wort und den Satz bis hin zum Text und (Anm.: neu) zu den Merkmalen der gesprochenen Sprache“ verdiente es, im Jubiläumsjahr einer gänzlichen Neubetrachtung unterzogen zu werden. Beschämt ergreife ich ein 850 Seiten schmales Bändchen in meinem Bücherregal und lege es in den Ausschusskorb: Der Grammatikduden in der 5. Auflage (1995) hat endgültig ausgedient. Wir halten bei Auflage 7, angeschwollen auf mächtige 1.343 Seiten: ein Buch, ein Klotz.
Was ist da geschehen? In nur zehn Jahren fielen der Dudenredaktion nicht weniger als 500 neue Seiten zur deutschen Grammatik ein, die nie zuvor Geschriebenes enthalten?
Die Frage drängt sich auf: Wäre weniger mehr gewesen? Meine Antwort: Ja. Denn selbstverständlich behandelt der Grammatikduden jedes nur erdenkliche Thema, belegt, erläutert, bringt Beispiele, ist 100 % kompetent und fundiert – aber eigentlich nur für Berufsfetischisten der deutschen Sprache noch einsetzbar. Schnelle Antworten auf konkrete Fragen im Sinne eines Nachschlagewerks werden Sie im Grammatikduden trotz des umfangreichen Registers nicht finden; auch deshalb, weil der sichere Umgang mit Pronominaladverbien und Pseudoaktanten die Voraussetzung dafür ist, sich im Systemdickicht zurechtzufinden.
Fazit: Wer es (das ist, nebenbei bemerkt, der Pseudoaktant) schon weiß, nimmt sich mit dem neuen Grammatikduden eine Bibliothek der sprachlichen Systematik in einem Band ins Haus; wessen Perfektionsgrad aber 90 % noch nicht erreicht hat und wer zudem nicht bereit ist, metasprachliches Know-how zu atmen, wird von diesem Werk einfach erschlagen. Praxisnäher ist z.B. der Schülerduden Grammatik; und der hätte ja eigentlich in diesem Wälzer durchaus auch noch Platz gehabt.
P.S.: Dieser Text bezieht sich auf die nicht mehr erhältliche, aber umfanggleiche 7. Auflage von 2005.
Duden: Die Grammatik. Band 4. 8., überarb. Auflage, Leipzig, Mannheim, Wien, Zürich 2009. Geb., 1.343 S.