Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Langstreckenflug

Die Ahnen, die 1.000 Jahre zuvor mit einem Sternenschiff gekommen waren, haben ihren Nachkommen mittels Gentechnik Flügel verliehen; anders wäre das Überleben nicht möglich gewesen. Riesenbäume dienen als Wohnstatt für die Stammesverbände, die Gesellschaft kommt ohne Herrscher und ohne Privatbesitz aus. Alles ist gut – bis eines Tages ein Junge beschließt, dieser Sache mit den Sternen nachzugehen. Die hat nämlich wegen einer planetenweiten, undurchdringlichen Wolkenschicht noch nie jemand gesehen. Das gelingt – mit katastrophalen Folgen.

Märchen, Fantasy, Science-Fiction, Abenteuer und am Ende eine Spur Gesellschaftskritik: Auf 1247 Seiten erschafft Andreas Eschbach eine originäre Welt. Chapeau! Der Text will alles sein, was aber selbst in dieser epischen Breite nicht immer ganz gelingt. Die Eschbach-typische uneitle Schreibe ist wie gewohnt unterhaltsam und zugänglich, insbesondere was die Figurenzeichnung betrifft leider aber auch ein wenig oberflächlich. Der Erfolgsautor bereitet den Boden für viele vergnügliche Lesestunden; sein Opus magnum ist es jedoch nur dem Umfang nach geworden.

Andreas Eschbach, „Eines Menschen Flügel“. € 15,30 / 1.247 S. Bastei Lübbe, Köln 2021

Im Standard, 25.6.2022

Autor: Helmuth Santler

05. Jul 2022 um 14:54

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