Bits and Bytes und Empathie
Selbstverständlich, ist man versucht zu sagen, ist auch Karl Olsberg mit einer Neuerscheinung am Start: Der Betriebswirt und Unternehmensberater promovierte über Künstliche Intelligenz und macht diese immer wieder zum zentralen Thema seiner zahlreichen Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die er seit 20 Jahren veröffentlicht. Mit Infernia erweist er sich einmal mehr als Master of the Art: Heldin der Geschichte ist Emma, die auch dank neuester Simulationstechnik völlig aufgeht im Computerspiel Infernia. Dort herrscht buchstäblich ewiger Krieg: Würde eine Seite gewinnen, wäre schließlich dem Spiel die Grundlage entzogen. Bei einer Mission trifft sie auf Leutnant Jero Kramer: ein guter Soldat, wie Emma findet, klug, umsichtig, empathisch. Dass zwei seiner Kameraden in Gefangenschaft gerieten, nimmt ihn sichtlich mit. Er leidet … aber halt, Jero Kramer gibt es doch gar nicht. Er ist ein NPC (Non-Player Character) des Games, besteht nur aus Bits und Bytes und kann demnach nichts fühlen. Richtig? Falsch, findet Emma, und engagiert sich für die Rechte entwickelter künstlicher Wesenheiten. Denn wenn NPCs empathiefähig sind, ist dann nicht jedes Spiel, in dem sie zum Gaudium der Gamer gefoltert und massakriert werden, ein unerträgliches Verbrechen?
Dann erfährt Emma den Grund, warum das sündteure Spiel eigentlich betrieben wird. Doch auch dieser ist nur die halbe Wahrheit, und was wirklich wirklich vor sich geht, weiß kein Mensch …
Das Setting von Infernia ist nur einen Schritt weit in der Zukunft angesetzt, und so sind auch die in dem atemlosen Thriller mit Lesesuchtpotenzial aufgeworfenen Fragen zum Umgang mit KIs hochaktuell. Was wir ihnen beibringen, welche Daten wir ihnen füttern, wird bestimmen, wie sie denken. Welche Werte sie zur Richtschnur ihres Handelns machen. Wir sollten also besser den guten Wolf füttern. Nur für den Fall.
Karl Olsberg, „Infernia“. € 17,50 / 368 S. Loewe-Verlag, Bindlach 2023. Ab 14
Im Standard am 10.6.23, Standard-Online-Link