Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Die Todesseherin

„Nach L. A. kommen Träume, um zu sterben.“ Sätze wie dieser geben die Tonart vor, die Bühne ist ein abstoßender Mix aus Erbrochenem und Zerbrochenem, das Orchester ist mit Sonderbegabten, Geistern und Hexen besetzt, Dirigent ist der Tod. Inmitten dieser Tristess Lexi, deren „Gabe“ sie zum Auftakt in die Psychiatrie treibt, wo Stille ist: eine Berührung – und sie weiß, wie und wann jemand stirbt. Ohne daran etwas ändern zu können. Auch an Janes grausamer Ermordung nicht, von der sie durch ein versehentliches Zusammenstoßen erfährt. Dennoch fühlt sie sich schuldig und nimmt Kontakt mit Janes Geist auf, um ihm bei der Suche nach ihrem Mörder zu helfen. Und merkt, dass sie sich zu der jungen Frau noch auf ganz andere Weise hingezogen fühlt …

Der Mystery-Serienmörder-Thriller lebt von der Atmosphäre und den Emotionen, der Kriminalfall selbst ist wenig mehr als ein Vehikel für die Geschichte von Lexi, die gerade dabei ist, sich ihrer Verzweiflungsdepression zu ergeben, als ein romantischer, dunkelrosa Lichtstrahl ihre Düsternis durchdringt. Selbst wenn die Träume tot sind, gibt es immer noch Hoffnung.

Emma Berquist, „Nex. Die letzte Nacht“. € 16,40 / 336 S. dtv, München 2023

Im Standard, 2.9.2023

Autor: Helmuth Santler

04. Sep. 2023 um 10:23

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