Die Flamme erlischt
Worlon ist eine sterbende Welt: Der Einzelgänger-Planet war auf seiner ziellosen Bahn für 50 Jahre in die Nähe einer Sonne gelangt. Jetzt ist er wieder auf dem Weg in die Dunkelheit.
George Martin schafft diesen Rahmen als passendes Ambiente für sein actionreiches Abenteuer, in dem gleichermaßen das Sterben die Hauptrolle spielt – das Ende einer archaischen, kriegerischen Gesellschaft, die die Männerehre über alles stellt und die Frauen als behütete Sklavinnen behandelt.
Dirk t´Larien wird vom Hilferuf seiner Jugendliebe nach Worlon gerufen – und sieht sich fortan mit einer Lebensauffassung konfrontiert, die jeglichem zivilisatorischen Fortschritt Hohn spricht. Die kulturellen Gräben scheinen unüberbrückbar, doch im nackten Kampf ums Überleben gegen die ultrakonservativen Kräfte, die noch der Menschenjagd huldigen, nähern sich die so unterschiedlichen Seiten letztlich doch an.
Des Meisters erster Roman (1977) ist bereits auf hohem Niveau angesiedelt, lässt aber viel von der souveränen Dramaturgie und selbstverständlichen Eindringlichkeit späterer Bücher vermissen. Der Text ist besonders zu Beginn eher sperrig und fordert hohe Leseaufmerksamkeit. Lassen Sie sich jedenfalls von der kindisch-martialischen Umschlaggestaltung nicht täuschen: Haudrauf-und-Schluss-Lektüre finden Sie hier keineswegs. Es mangelt zwar nicht an kriegerischen Elementen und fantastischen Details, zugleich unternimmt der Text aber auch den Versuch einer kulturellen Gegenüberstellung und stellt Martins Version eines Spiels mit Vorurteilen dar: Fast jede als sicher scheinende Tatsache wird im Laufe der Ereignisse in Frage oder gleich auf den Kopf gestellt.
Für Liebhaber anspruchsvoller, epischer Fantasy ein absolut lesenswertes Buch; dass Martin aber noch viel mehr kann, beweisen nicht zuletzt tausende Seiten des Liedes von Eis und Feuer.
George R. R. Martin: Die Flamme erlischt. Blanvalet, München 2006. Tb., 480 S.